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                                           H E I D I    G O S E B E R G

Das kleine Glück

Ein Übungsfeld für unsere Kinder

Strahlende Kinderaugen gehen ja nun wirklich jedem ans Herz. Wenn ein Kind seiner Freude Ausdruck geben kann, mit strahlenden Augen, einem Freudenschrei, Luftsprung, einem festen Drücker ... Das macht doch auch den glücklich, der die Freude bereitet.

Fordernde oder unzufriedene Kinder – übrigens auch Erwachsene – dagegen sind nicht beliebt. Doch das werden die meisten nicht von allein. Schon lange leben wir in einer Wohlstandsgesellschaft, in der es nicht mehr selbstverständlich gelernt wird, auf etwas zu verzichten oder nur darauf zu warten. Kindern Herzenswünsche zu erfüllen, ist schon ein berechtigtes Anliegen. Entscheidend dabei ist jedoch immer die Motivation dahinter:

Mit allen mithalten zu wollen oder einen gewissen Lebensstandard auszudrücken, führt in vielen Familien auch dazu, dass es eben nicht mehr im Rahmen bleibt.

Und suggeriert den Kindern auch, dass es einfach normal ist und dazugehört.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, liebe Leserin und lieber Leser, wenn regelmäßig vor Weihnachten in der Presse veröffentlicht wird, wie viel Geld im Durchschnitt für jedes Kind zum Fest ausgegeben wird. Mich beschleicht da immer ein Unbehagen. Das sagt doch nichts aus über die Beziehungen in einer Familie oder den Wert eines Kindes, den es für die Eltern hat.

Freude an den kleinen Dingen –
dass sich unsere Kinder diese bewahren und Dankbarkeit als echten Wert begreifen, war uns immer wichtig. Es hat auch die Schenkenden gefreut, dass sie sich über Kleinigkeiten oder Süßigkeiten echt freuen konnten und nicht alles einen materiellen Wert darstellte. Klar haben auch wir nicht nur Süßigkeiten in die Schultüte gepackt, aber die kleinen Geschenke daneben waren praktisch für die Schule. Sportschuhe müssen auch einen Anspruch an Qualität erfüllen, es musste dennoch nicht die teuerste Marke sein.
Auch beim Spielzeug haben wir eher Wert auf Qualität und Kreativität gelegt, als auf die neueste Technik. Zum Geburtstag durften sich die Geschwister mit dem Geburtstagskind freuen und wurden nicht durch ein eigenes, kleines Geschenk „getröstet“ und abgelenkt. Zu kleineren Anlässen (wie z. B. Zeugnisse, Ostern o. ä.) gab es eben auch kleine Aufmerksamkeiten. Und auch wenn ein Geschenk nicht ganz der Vorstellung entsprach oder etwas kleiner als erwartet ausfiel, war es doch mit Liebe ausgesucht und geschenkt. Natürlich darf man darüber auch mal enttäuscht sein, jeder kann auch lernen, sich zu arrangieren und trotzdem Dankbarkeit zeigen.

„Wir sind nicht alle!“
Dieser Satz hat uns durch unsere ganze Erziehungszeit begleitet und bedeutet für uns einen hohen Wert. Es gab Geschenke, die wir einfach für nicht vertretbar hielten. Dazu gehörte für meinen Mann, der aus Überzeugung Zivildienst geleistet hat, ganz sicher Kriegsspielzeug, aber auch manches geschmacklose Plastikspielzeug. Auch wenn sich über Geschmack natürlich streiten lässt. Als die ersten Nintendos Einzug in die Kinderzimmer hielten, waren wir betroffen, wie andere Kinder stundenlang und oft sehr verbissen ihre Zeit vor diesen Geräten
verbrachten.

Wir haben keinen Nintendo gekauft, allerdings auch beide Augen zugedrückt, wenn unsere Kinder sich mal für ein Wochenende eines bei einem Freund ausgeliehen haben.

Wo es damals nur der Nintendo war, stehen Eltern heute deutlich mehr Unterhaltungsmedien gegenüber. Diese sollten sicherlich nicht alle verteufelt werden. Aber es ist die Verantwortung aller Eltern, hier bis zu einem gewissen Alter ein gutes Maß vorzugeben und mit ihren Kindern Medienkompetenz zu trainieren. Dazu gehören als Ausgleich medienfreie Zeiten, die deutlich überwiegen sollten.

Wir lieben Bücher –
das haben unsere Kinder in ihre Familien mitgenommen. Und die über 30-jährige Kinderbibliothek steht immer noch in unserem großen Bücherregal – die Enkelkinder schauen gerne die Wissensbücher aus den 80ern an, auch wenn manches Thema etwas überholt ist. Oftmals war in einem Buch übrigens die von mir handgeschriebene und sehr persönliche Widmung vorne drin bedeutsamer als das Geschenk.

Wie wir als Großeltern schenken
Mittlerweile sind wir Großeltern und machen gerne unsere Enkelkinder glücklich. Unsere Kinder schätzen es, dass wir auf ihren Stil achten und dass unsere Geschenke auch weiterhin nicht überdimensioniert ausfallen. Und wir haben großen Respekt davor, wenn in mancher Familie das Spielzeug mal für einige Wochen weggeräumt wird, damit die Kids wieder lernen, mit einfachen Dingen zu spielen und ihre Fantasie zu gebrauchen. Für unsere älteste Enkelin habe ich einmal vor Weihnachten einen völlig überdimensionierten Adventskalender gekauft, daneben fiel der der Eltern ziemlich mickerig aus. Tatsächlich habe ich mich dafür richtig geschämt und die Kleine hat mit zwei Jahren nicht einmal bemerkt, dass die Süßigkeiten von den erwachsenen Eltern als Dessert nach unseren sonntäglichen Abendessen verzehrt wurden ...

Ich finde es sehr mutig, dass die Eltern die Kommunikationstechnik nicht für ein Alter zur Verfügung stellen, wie es als allgemein üblich erachtet wird, sondern wie es für ihr Kind verträglich ist. Das erfordert nicht nur eine Haltung, sondern viel Gespräch und Verständnis – und gerade das wird geschätzt.

Unser Vorbild als Erwachsene
Es sind gar nicht mal die Kinder, die diesen Geschenke-Rummel inszenieren, sondern oft die Erwachsenen, die die Vorgaben machen. Die natürlich auch als Vorbilder herangezogen werden, wenn sie selbst immer das Teuerste oder Aktuellste anschaffen.

Eine zufriedene und dankbare Haltung nehmen Kinder auf und an.

Nicht immer eine Frage des Geldes
Der Preis für ein Geschenk lässt sich auch nicht immer in Euro bemessen. Wie schön ist die Vorfreude auf einen schönen gemeinsamen Ausflug, über eine wertvolle Mama- oder Papazeit mit einem Kind allein, über den kleinen Nachtisch nach dem Essen. Und auch die Erinnerung daran macht lange glücklich. Auch, wenn etwas mal für eine Zeit ausgesetzt wird, können wir uns alle wieder besonders über etwas freuen. Wir feiern so gerne den Beginn der Spargel-, Käsefondue-, oder Erdbeer-Saison, weil es nicht alles immer gibt. Gerne spreche ich mit Kindern über die Geschenke, die uns Gott macht: Sein Kind zu sein, in der Nacht über uns zu wachen, uns jeden Tag zu versorgen mit dem, was wir brauchen und seine Freude in unser Herz zu geben.

Auch die Weihnachtsbescherung wurde entzerrt und statt vieler einzelner Geschenke machen wir gerne ein größeres Familiengeschenk oder ein praktisches Geschenk. Die schönen Bademäntel, die wir in einem Jahr für alle in Mädchen- und Jungenfarben angeschafft haben, lösten nicht gleich Begeisterungsstürme aus, wurden aber alle mit Stolz vorgeführt.

Meine Liebessprache ist die der Geschenke. Ich freue mich sehr über Geschenke und ich schenke auch für mein Leben gerne. Ich freue mich unendlich über strahlende Kinderaugen – aber ich bleibe auch dabei: Alles in Maßen, dem Anlass entsprechend und dann ist die Freude über eine kleine Überraschung ohne Anlass eben auch riesengroß!

Neue Dankbarkeit
Während der Pandemie wurde mir an vielen Stellen bewusst, wie klein Glück geworden ist und wie krass sich die Maßstäbe mit den Lebensumständen ändern können. Wie schön, dass wir uns wieder über Dinge freuen können, die vorher so selbstverständlich waren! So hat auch eine Krise manchen Wert neu bewusst und uns für vieles wieder dankbarer gemacht.

Ihre Heidi Goseberg

PS: Welche Erfahrungen machen Sie als Eltern heutzutage?
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Heidi Goseberg ist 66 Jahre alt und 44 Jahre mit ihrem Mann Eckhard verheiratet. Die beiden haben 4 Kinder und 11 Enkelkinder. Seit Juli 2021 sind die beiden im wohlverdienten Ruhestand, aber weiterhin für Team.F als Regionalleiter in Westfalen tätig und leiten mit viel Erfahrung mehrere Seminare, u. a. für Eltern.