481418.jpg 

P E T E R   P I E K E N B R O C K

Der schönste Tag des Lebens – 

war hoffentlich nicht Ihr Hochzeitstag! 

Vor gut einem Jahr heiratete unsere Tochter und gefühlt etwa ein Jahr zuvor begannen die ganzen Vorbereitungen, just an dem Tag als Konstanze und Daniel sich entschlossen, zu heiraten. Die Nachricht war noch nicht richtig bei uns angekommen, da fingen die Planung schon an: Wo heiraten wir, wer kommt alles, was wird es zu essen geben, welche Deko gibt es, wer sitzt wo?

Ruckzuck war ich eingebunden in die Planung und am drauffolgenden Wochenende ging es dann auf die Suche nach der idealen Location. Ideen und „Vorgaben“ von Hochzeiten anderer gab es genug und es sollte natürlich was ganz Besonderes sein. Im besten Fall alles bereits Dagewesene toppen. Nach den ersten Internet-Recherchen sind wir direkt durchgestartet, haben einige Locations angesehen und überlegt, ob es passt. Ob alle Gäste unterkommen, wo die Band hin soll, das Essen aufgestellt/serviert wird, etc. Dazu wurden dann die Preise mit Optionen und mannigfaltigen „AddOns“ gereicht. Als Brautvater musste ich mehrfach durchschnaufen
(Fremdbeatmung konnte gerade so vermieden werden).

Ich hatte mir vorgenommen, meiner Lieblingstochter, weil die Einzige, alles zu ermöglichen und die Hochzeit so zu gestalten, dass es die perfekte Hochzeit, der schönste Tag im Leben meiner Tochter wird.

Irgendwie hat dann auch alles geklappt, es war wunderschön, ein toller Tag! Wir hatten super viel Spaß, es gab einige Abenteuer und ungeplante Überraschungen und somit war es ein einzigartiger, schöner Tag (auch für den Brautvater).
Bei meiner Ansprache als Brautvater habe ich Konstanze und Daniel aber dann gesagt: „Ich wünsche euch, dass dies nicht der schönste Tag eures Lebens ist.“ Ich wünschte Ihnen, dass es lediglich einer der schönsten Tage oder der schönste Tag bis dato sein sollte. Wieso?

Na, was wäre denn, wenn das der schönste Tag im Leben ihrer Ehe wäre? Auf was können sie sich dann noch freuen? Alles andere wäre doch nur weniger schön, oder?

Unsere Hochzeit war für mich ebenso ein besonderer Tag mit Hochzeitskutsche und vielen Überraschungen. Er wird mir immer in Erinnerung bleiben, aber es war der Anfang von ganz vielen und ganz unterschiedlichen Freudentagen. Ich finde, den schönsten Tag gibt es nur dann, wenn ich anfange, die Tage, die Momente, die Ereignisse miteinander zu vergleichen und das ist äußerst schwierig und lähmt mich. Ich laufe Gefahr, die vielen Freuden Tag für Tag nicht wahrzunehmen oder diese einfach weniger in Erinnerung zu behalten. Ich würde eine Wertung vornehmen, ich würde versuchen, den schönsten Tag oder die schönsten Ereignisse zu wiederholen. Das macht viele Freuden-Momente kaputt, weil ich dann nicht den Moment genieße, sondern mehr erwarte als geht oder notwendig ist, um mich einfach nur zu freuen und zu genießen.
Ein Klassiker ist die Freude am Sex. Nach dem Motto: Heute war es großartig, diese Position müssen wir uns merken; klappt meist nicht. Doch wie wäre es, wenn wir das immer täten? Genau, langweilig und letztendlich sind die Situationen doch ganz verschiedene und wir hätten nicht die Chance auf noch mehr Freude.

Warum also nicht die Momente so nehmen, wie sie sind und sich daran freuen? 

Wie z. B. Freude in den Alltag einbauen indem aus einem Abendessen ein romantisches Dinner zu Hause wird. Einen Termin für einen (Ehe-)Abend zu zweit mit stürmischer Nacht vereinbaren. Einen gemütlichen Spaziergang ins Nachbardorf zum Winzer am Freitag, um das Wochenende einzuläuten. Freude mit Freunden, z.B. ein spontaner Besuch nach 22:00 Uhr unter der Woche und ohne große Überlegungen wie dann der nächste Tag wird.
Freude im Urlaub bei einer gemeinsame Wanderung den Berg hoch, den wir schon lange erklimmen wollten. Wir freuen uns, dass wir es gemeinsam geschafft haben und bei der Hochzeit wusste ich noch nicht einmal, dass mir wandern jemals Spaß machen würde.
Wie schön ist es, gemeinsam auf einer Hütte zu sein, ohne Handy, Fernsehen und „Zivilisation“. Die Zeit bis zur Bettruhe miteinander aushalten zu müssen und dabei ins Genießen und in Gespräche zu kommen, wie gut das tun kann!
Eine Flasche Wein, ein Baguette, Käse und die Wiese vor dem Eiffelturm, vielleicht noch etwas gutes Wetter, was braucht es mehr?

Manchmal sind es nur zwei Minuten, in denen ich meine Frau betrachte und mich freue, wie sie lächelt, wie sie sich unterhält und ich mich glücklich schätze, dass sie meine Frau ist – eine reine Freude.

Wieviel Freude war es, als die Kinder auf die Welt kamen und wieviel Freude ist es, dass sie nun alle aus dem Haus sind? Zwei völlig unterschiedliche Arten von Freude und dennoch beide wertvoll für unser Ehe.
Auch zu lernen, wie wir gemeinsam im Glauben wachsen können, wenn wir uns die Zeit nehmen zumindest einmal in der Woche morgens gemeinsam in der Bibel zu lesen.
Alles hat seine Zeit und Freude kann so vielfältig sein. Ich denke, es ist die Einstellung, die uns Freude bringt und die es uns ermöglicht, Dinge zu genießen von denen wir nicht wussten, dass sie uns erfreuen werden. 

Gott schenkt uns Freude jeden Tag zu allen Zeiten, wie müssen Sie nur erkennen und annehmen.

So freuen wir uns miteinander und aneinander. Das Erlebte in guter Erinnerung halten und die Augen aufmachen und uns nicht an etwas festhalten, was bereits vergangen ist, sondern erwartungsvoll und mit viel Vorfreude in die Zukunft blicken.
In diesem Sinne wünsche ich jedem Ehepaar, dass der Hochzeitstag ein toller Tag voller Freude ist, ggf. der schönste Tag bis zu diesem Zeitpunkt. Aber viel wichtiger ist, dass noch ganz, ganz viele schöne Momente, Ereignisse und Tage dem Hochzeittag folgen und wir diese gemeinsam genießen und uns daran freuen dürfen.

Peter Piekenbrock
Vater von vier erwachsenen Kindern und Ehemann einer bezaubernden Frau mittleren Alters, mit der ich schon sehr viel Freude zusammen hatte.