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D I R K   L Ü L I N G

Der Segen der geistlichen
Väter und Mütter

Als wir vor fast 50 Jahren heirateten, hatte Gott unser Herz erweckt, und wir wollten ihm dienen. Doch unsere schnell wachsende Kinderschar brachte uns oft an persönliche Grenzen. In dieser Lebensphase fanden wir ältere Christen, die uns als geistliche Eltern begleiteten und ermutigten. Ohne sie hätten wir es nicht geschafft, als Ehepaar durchzuhalten und unsere Lebensberufung zu finden.

Aufgrund einiger geistlichen Erfahrungen außerhalb unserer freikirchlichen Gemeinde drängte es uns als junges Paar, geistlich zu wachsen und Jesus im Alltag zu erleben. Unseren Drang nach „mehr“ konnten die Leiter unserer Gemeinde nicht nachvollziehen. Statt sich zu freuen über unseren geistlichen Eifer und uns zu fördern, bremsten sie uns aus. Wir verstanden die Klage des Apostel Paulus in 1. Korinther 4 Vers 15: „Denn wenn ihr auch zehntausend Zuchtmeister (Erzieher) hättet in Christus, so habt ihr doch nicht viele Väter; denn ich habe euch gezeugt in Christus Jesus durch das Evangelium.“ Offensichtlich gab es bereits damals viele Besserwisser, aber einen Mangel an geistlich gesinnten Vätern.

Gott aber sah unseren geistlichen Hunger. Auf unserer Suche fanden wir : beim Blick über unseren Gemeindezaun Begleiter, die für uns in verschiedenen Lebensphasen geistliche Väter und Mütter wurden. Bei ihnen konnten wir entspannt „andocken“, sie nahmen uns ernst und erschlossen uns neue geistliche Perspektiven und Lebensräume.

Wo finden wir geistliche Mütter und Väter?
Die geistlichen Mütter und Väter, die wir erlebten, waren sehr normale Menschen. Aber sie hatten Ausstrahlung. Aufgrund ihres Alters, ihrer Lebenserfahrung und ihres lebendigen Glaubens erlebten wir sie als geistliche Eltern. Bei ihnen fanden wir die Weisheit und die Souveränität, die uns jungen Leuten fehlte. Sie füllten den emotionalen und geistlichen Mangel aus, den wir aus unseren Elternhäusern mitbrachten. Sie gaben uns Anteil an ihrem Leben. Wann immer wir es brauchten, hatten sie Zeit für unsere Fragen. Und wenn es mal wieder eine Krise gab, ermutigten sie uns und glaubten an uns. Wir fühlten uns von ihnen gesehen und verstanden.

Darüber hinaus waren sie mit ihrer geistlichen Weite und ihrem lebendigen Glauben glaubwürdige Vorbilder. Durch sie lernten wir Gott als Vater kennen, sie lehrten uns die Tiefe der Erlösung durch Jesus verstehen und sie ließen sich im Alltag durch den Heiligen Geist leiten. Das war spannend und attraktiv. So erschlossen sie uns neue Lebensräume und geistliche Perspektiven, die uns unsere Eltern nicht geben konnten. Dabei waren sie nicht „übergeistlich“, sondern bodenständig und nahbar. Mit ihrer Natürlichkeit und dienenden Haltung gaben sie uns eine Vision, wo wir einmal hinwachsen wollten.

Christa genoss als junge Ehefrau die Begleitung durch zwei ältere Frauen. Zu einer hatte sie regelmäßigen Kontakt, zu einer anderen aufgrund der räumlichen Distanz nur sporadisch. Diesen Frauen konnte sie ihr Herz ausschütten, wenn sie „Land unter“ hatte. Sie hörten zu und lehrten sie, mit ihrer Not zu Jesus zu gehen, ihr Herz vor Ihm zu prüfen und auf Ihn zu hören. Zu Christas geistlichem Wachstum und zum Gelingen unserer Ehe haben diese beiden Frauen entscheidend beigetragen. Mit großer Dankbarkeit erinnern wir uns an sie. Sie legten in unserem Leben die Grundlage für unseren späteren Dienst. Bei Ihnen lernten wir:

Geistliche Eltern verwurzeln ihre „Kinder“ in Jesus und führen sie gleichzeitig in die Freiheit der Kinder Gottes.

Im Jahr 1980 trat „Papa Don“ in unser Leben. „Papa Don“ war so alt wie mein Vater, von Beruf Pastor und mit seiner Frau den weiten Weg von Neuseeland nach Deutschland gekommen, weil Gott sie hergerufen hatte. Damals waren wir 30 Jahre alt und auf der Suche nach unserer Lebensberufung. Seine Väterlichkeit und seine lebensnahe Verkündigung gaben mir eine Vision, wohin ich mich als Mann und Vater entwickeln wollte. Er erweckte in uns eine bis dahin unbekannte Sehnsucht und Resonanz. Seine zu Herzen gehenden Botschaften über die Beziehung zwischen Mann und Frau inspirierten uns für unsere Ehe.

So hefteten wir uns an seine Fersen, um Zeit mit ihm zu verbringen und von ihm zu lernen. Wir luden ihn regelmäßig nach Lüdenscheid ein und wenn irgend möglich, waren wir als „Lehrlinge“ in seinen Seminaren und Familienwochen dabei. So wuchsen wir in den Familiendienst hinein.

Dieser geistliche Vater hat uns geholfen, unser persönliches Leben und unsere Ehe aus Gottes Perspektive zu sehen.

Ich erinnere mich noch gut an meinen damals getroffenen Vorsatz: „Wenn ich einmal so alt bin, wie „Papa Don“, dann möchte ich auch solch ein Mann sein!“ Gemeinsam entschieden meine Frau und ich: „Das, was wir bei Don Kirkby gehört und erlebt haben, müssen alle christlichen Ehepaare hören.“ Damit war in unserem Leben die Grundlage dafür gelegt, was einmal TEAM.F werden sollte. Fünf Jahre nach dem frühzeitigen Tod von „Papa Don“ brachte Gott 1989 John und Paula Sandford als neue geistliche Eltern in unser Leben und damit in unseren gerade gegründeten Verein „Neues Leben für Familien“ (heute TEAM.F). Sie begleiteten uns etwa zehn Jahre lang und erschlossen für uns und TEAM.F das Thema „Innere Heilung“. Durch diese Männer und Frauen haben wir verstanden:

Geistliche Eltern machen nicht abhängig von sich, sondern sie fördern ihre „Kinder“ gemäß ihren Gaben und führen sie in eine gesunde Selbstständigkeit.

Rückblickend können wir sagen: Ohne die geistlichen Väter und Mütter hätte unser Leben eine andere Richtung genommen. Ohne sie würde es TEAM.F nicht geben oder zumindest nicht in der Art, wie wir es heute kennen. Ihren Einfluss finden wir heute noch in der Art und der Atmosphäre unserer Seminare. Es bedeutet, dass wir unseren Teilnehmern mit einem väterlichen und mütterlichen Herzen begegnen, weil Gott unser liebender Vater ist. Manche nennen es den „TEAM.F Geist“.

Der Segen geht weiter
Was haben unsere damaligen Entscheidungen bedeutet? Zuerst einmal waren wir sehr motiviert, unsere persönliche Grundausbildung in Elternschaft zu absolvieren. Wir setzten alles daran, für unsere eigenen fünf Kinder gute Eltern zu sein. Die Themen zur Kindererziehung nach Gottes Vorbild (von Mühlans) erprobten und durchlebten wir als Familie sehr intensiv. Dabei wuchs unser Verständnis von guter Elternschaft und Leiterschaft. Für unsere persönlichen Defizite aus unseren Herkunftsfamilien erlebten wir „Innere Heilung“. Die heutigen vertrauensvollen Beziehungen zu unseren erwachsenen Kindern zeigen, dass sich dieser Einsatz gelohnt hat. Darüber hinaus wollten wir auch die Mitarbeiter von TEAM.F mit väterlichem und mütterlichem Herzen begleiten und fördern. Auch da blicken wir heute auf viele herzliche Beziehungen zurück und erfreuen uns daran, wie sie unsere Werte verinnerlicht haben und selbst weitergeben. In unserer Leiterschaft war uns dies wichtig:

Gute Leiter (oder geistliche Eltern) suchen nicht ihren Vorteil oder ihre Ehre. Ihre größte Freude und Belohnung ist es, wenn ihre „Kinder“ wachsen und dass deren Leben gelingt.

Wenn wir heute Menschen beraten, wenn wir Vorträge halten oder Seminare durchführen, sprechen wir immer aus einem väterlichen und mütterlichen Herzen heraus. Wir möchten die Ratsuchenden und Zuhörer zu Jesus bringen. Das ist uns wichtiger, als nur reines Fachwissen zu vermitteln.

Wir haben es nie ausgesprochen, für bestimmte Personen geistliche Eltern sein zu wollen. Denn wenn man es ausspricht, besteht die Gefahr, überhöhte Erwartungen zu wecken, die man nicht erfüllen kann. Bei den „geistlichen Kindern“ kann das zu tiefen Enttäuschungen führen. Wir haben einfach Freundschaft gelebt, Anleitung gegeben, beraten, ermutigt, gesegnet und gebetet. Ob andere uns als geistliche Eltern ansehen, müssen wir selbst gar nicht wissen. So fühlen wir uns allen gegenüber innerlich frei, so zu leben und zu dienen, wie es uns auf dem Herzen liegt.

Wir brauchen geistliche Väter und Mütter
Der Bedarf nach Orientierung und Begleitung wird in unserer komplexen Gesellschaft immer größer. Menschen bezahlen viel Geld, um sich beraten und coachen zu lassen. Wir denken, dass manch kostspielige Beratung nicht nötig wäre, wenn junge Menschen und Paare eine Begleitung durch geistliche Eltern finden würden.

Darum mache ich den jungen Lesern Mut, sich auf die Suche zu begeben. Wer könnte Sie als geistlicher Vater oder geistliche Mutter eine Zeitlang begleiten? Sprechen sie doch mal eine vertrauenswürdige ältere Person an und fordern Sie sie dazu heraus!

Die älteren Leser frage ich: Vielleicht haben Sie die Lebenserfahrung und Reife, um jüngeren Paaren oder Singles mütterlich oder väterlich zu dienen. Ich denke, viele würden entspannter leben und aufblühen, wenn sie eine freundschaftliche Begleitung durch geistliche Eltern fänden, die uneigennützig helfen, trösten, ermutigen und segnen. Wäre das nicht eine lohnende Aufgabe für Sie? Wir haben damals viele Jahre lang einige alleinerziehende Mütter begleitet. Sie gehörten zu unserer erweiterten Familie und sind uns bis heute freundschaftlich verbunden.

Ihr Dirk Lüling

Dirk Lüling, Pädagoge, verheiratet mit Christa,
fünf erwachsene Kinder, 5 Enkelkinder,
Gründer und langjähriger Leiter von TEAM.F

Hier einige Ideen, welche Möglichkeiten sich für geistliche Elternschaft anbieten:
➜ Ersatzeltern oder Ersatzgroßeltern sein für junge Familien mit Kindern, die keine eigenen Eltern bzw. Großeltern in der Nähe haben.
➜ Gastfreundschaft üben: Ein offenes Haus und ein offenes Herz haben für Menschen mit Nöten und Fragen.
➜ Zuhören, ermutigen, aber sparsam sein mit ungefragten Ratschlägen.
➜ Ein nachahmenswertes Glaubensvorbild sein für die jüngere Generation.
➜ Die Stärken oder das Potenzial der jungen Generation sehen und fördern.
➜ Selbst lernfähig bleiben und nicht starr an Altem festhalten.