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S E B A S T I A N   T R O M M E R

Die Bibel und die Freude 

der fröhlich nüchterne Fokus auf den unvergänglichen Grund - Jesus!

Wenn Sie die Bibel mit einem Wort beschreiben würden, welches wäre es? 
Ich behaupte, das Wort Freude ist es wohl eher nicht.

Das Hebräisch des Alten Testaments enthält dabei für Freude vielfältige Begriffe, dass wir Schwierigkeiten haben, gebräuchliche deutsche Übersetzungen zu finden.  Einen Satz wie, „Heute jauchzte ich wieder einmal voller Lust am Herrn, denn er ist meine Wonne“ formuliere ich zumindest eher selten.

Dabei ist die Freude bei Leibe kein biblisches Randthema 
Schaut man sich allein das Buch der Psalmen an, gibt es kein Halten vor Jubel, Freude, Wonne, Jauchzen und Lust am Herrn. 
Auch ein neutestamentliches Buch fällt bei dem Thema Freude auf. Es ist der Brief des Paulus an die Gemeinde von Philippi. Dieses vergleichsweise kurze Schreiben quillt über vor Ausdrücken der Freude, sodass man fast sagen möchte: „Es reicht jetzt auch mal wieder, ich habe es ja verstanden.“
Philipper 4,4: „Freut euch im Herrn allezeit! Wiederum will ich sagen: Freut euch!“

Nun kommt uns ein Aufruf zum Freuen vielleicht etwas komisch vor. Außerdem soll diese Freude „allezeit“ bestehen. Denkt man bei dem Thema Freude nicht eher an ein emotionales Hochgefühlgefühl, welches durch einen Reiz ausgelöst wird und mal kommt und dann wieder geht, aber letztlich außerhalb der eigenen Verfügungsgewalt liegt?

Wir leben in einer Zeit, in der das Bauchgefühl häufig über das Handeln und Denken zu bestimmen scheint.

Der Bauch wird dann zum heiligen Kompass des Lebens ernannt. In ihm flattern Schmetterlinge und im nächsten Moment platzt er fast vor Wut. Alles andere hat sich dem unterzuordnen.

In einer Welt, in der Bauchgefühle in Form von Lustmaximierung und Unlustvermeidung über unser Leben und die Welt entscheiden, ist Stabilität nicht zu erwarten, wechseln sich positive und negative Emotionen und die sie auslösenden Reize doch allzu oft rasch ab. Wer kennt es nicht: In einem Moment noch voller Freude aufgrund äußerer paradiesischer Zustände und im nächsten Augenblick todtraurig, weil sich die Umstände rapide verschlechtert haben. Ein herrliches biblisches Beispiel dafür ist der Prophet Jona:

Jona 4,6–8: „Da ließ Gott, der HERR, eine Rizinusstaude über Jona hochwachsen. Sie sollte ihm noch mehr Schatten geben und seinen Missmut vertreiben. Jona freute sich sehr über die Pflanze.“  Doch am nächsten Morgen, kurz vor Sonnenaufgang, ließ Gott einen Wurm die Wurzeln des Rizinus zerfressen, und die Staude wurde welk und dürr. Als die Sonne aufging, schickte Gott einen glühend heißen Ostwind. Die Sonne brannte Jona so auf den Kopf, dass er erschöpft zusammenbrach. Er wünschte sich zu sterben und seufzte: »“Wenn ich doch nur tot wäre, das wäre besser als weiterzuleben!“ (HfA)

Freundschaften, Ehen, ganze Familien, ja gar Nationen, stehen in der Gefahr zu zerbrechen, wenn sie von Glücksgefühlen abhängig sind. Sie, diese Gefühle, sind etwas Wunderbares, doch dürfen sie nicht als Richtschnur missbraucht werden. In diesem Sinne wird die Freude auf einen kurzen, vergänglichen, aber dennoch handlungsleitenden Glücksmoment reduziert. 
Das scheint relativ wenig mit dem zu tun zu haben, was Paulus über die Freude sagt. Sonst könnte er nicht geradezu zur Freude auffordern, immer wieder dazu ermahnen: „Freut euch immer und unabhängig davon, wie die Umstände aussehen!“

Vielleicht möchtest du entgegnen: „Ja, der Paulus hat gut reden. Wenn er mein Leben kennen würde, dann….“ 
Oder: „Nein, freuen kann ich mich jetzt nicht, dazu habe ich gar keinen Grund.“

Doch von wo aus schreibt er diesen Brief eigentlich? – Aus dem Gefängnis! Kein sonderlich fröhlicher Ort. Hier besteht kein äußerer Grund zur Freude.

Es mag Menschen geben, die zum Lachen in den Keller gehen, aber niemand geht in das Gefängnis, um mal richtig Spaß zu haben. 


Sie steht damit glorreich über den Umständen, wie der viele Jahre für den Glauben inhaftierte John Bunyan schreibt:

Mag auch der Leib in Acht und Bann, 
in Ketten und in Fesseln leben,
trotzdem, durch Christi Glauben kann 
ich über allem schweben.
Ihr Gitter sperrt den Geist nicht ein,
noch kann es mich von Gott vertreiben.
Der Glaub´ kann nicht gefangen sein,
Ich werd´ am Ende Sieger bleiben.


Christlich betrachtet ist die Spannung zwischen dieser Freude im Innen und dem potentiellen Leid im Außen nicht aufzuheben: 

Freud und Leid liegen hier tatsächlich sehr nahe beieinander. Sie schließen sich nicht aus, dürfen viel eher koexistieren, wenn wir es denn zulassen und unser gläubiges Dennoch sprechen.

Selbstverständlich ist das keine Selbstverständlichkeit, sondern harte Glaubensarbeit. Der Glaube daran, dass paradoxer Weise das Leid Jesu, ja sein Tod, uns das Leben und damit die Freude schenkte.

Noch etwas:

Wenn Freude nicht von den Umständen abhängig ist, sondern von Jesus, dann dürfen wir sie uns – auch angesichts von so viel Leid in der Welt – gönnen.

In diesem Sinne: „Freut euch!“

Ihr Sebastian Trommer