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Von Herz zu Herz versöhnt

Versöhnung in unseren Elternbeziehungen bringt Segen für die Generationen

Manchmal öffnet Gott Türen zur Versöhnung. Konkret: mit unseren Eltern – der Weg kann steinig sein und der Ausgang ist ungewiss. Es kostet einen Preis, hier zu investieren. In der Retrospektive können wir erkennen, dass es sich gelohnt hat – Respekt und Liebe vor den Eltern des Partners wirken versöhnend auf eine Ehe und die nächste Generation.

Wir, Jutta und Norbert schrieben unser 27. Ehejahr. Wie in jeder Ehe gab es immer wieder schwierige Situationen zu bewältigen. Sei es, dass unsere Kinder uns herausgefordert haben oder berufliche und gemeindliche Situationen. Die Jahrzehnte mit Norberts Eltern bzw. Juttas Schwiegereltern waren spannungsreich, da die Lebens-, Erziehungs- und Glaubensvorstellungen auseinanderdrifteten. Beide Seiten gaben sich über die Jahre viel Mühe um Verständnis.

Eltern werden älter

Bereits im Januar bereitete Gott uns schon darauf vor, dies das ein Jahr des Abschieds wird und dies uns als Paar und als Familie beschäftigen wird. Das letzte Lebensjahr von Norberts Eltern erlebten wir als eine Chance von Gott, die Beziehung zu klären. Gerne möchten wir dich mit hineinnehmen in eine für uns neue und herausfordernde Zeit. 2016 wurde für uns ein emotional intensives Jahr. Im März verstarb innerhalb kurzer Zeit Norberts Vater.

Wir taten, was alle Menschen tun, wenn jemand gestorben ist. Wir bereiteten uns auf die Beerdigung vor.

Gemeinsam mit Norberts Mutter haben wir die Formalitäten gestemmt und die Location für die Feier ausgesucht. Wir machten Pläne, wie es nach der Trauerzeit weitergehen könnte, doch dann kam alles anders: Der Tag der Beerdigung war durchdacht, geplant, alles reserviert, bis dann – zwei Tage vor der Beerdigung – die Mutter einen folgenschweren Sturz in ihrer Wohnung erlebte. In dieser Zeit des Abschieds traf uns ein neuer Schlag, weil ihr Zustand immer kritischer und mitten in der Nacht eine Verlegung in die Uniklinik notwendig wurde. Vater sollte beerdigt werden und Mutter musste im Krankenhaus betreut werden. Aufgrund von Hirnblutungen war sie nicht in der Lage, an der Beerdigung teilzunehmen.

So kam es, dass sie zur gleichen Zeit am Hirn operiert wurde, während wir unseren Vater, Schwiegervater und Opa beerdigten. Das war emotional sehr schwierig für uns. Wir bangten während der Beerdigung um Mutters Leben. Die Orte Friedhof und Uniklinik liegen ca. 200 Meter auseinander. So nahe waren die Gefühle und Gedanken. Wie gut, dass wir einander als Partner in dieser Phase unterstützen konnten, gemeinsam gute Entscheidungen zu treffen. Während wir das schreiben, kommen uns noch die Tränen. Das mussten wir erst verdauen: Die eigene Mutter kann nicht an der Beerdigung ihres Mannes, unseres Vaters und Schwiegervaters teilnehmen. Das war für uns unvorstellbar und doch wahr.

Es blieb uns nichts anderes übrig, als die Situation anzunehmen
Zu akzeptieren, dass wir es gerne anders erlebt hätten. Wie oft schon in schwierigen Situationen haben wir erlebt, wie uns Gott an der Hand nimmt und durchführt. Und das hat uns hindurch getragen. Zu spüren wie er uns tröstet, uns aufhilft, wenn wir am Boden lagen, uns Türen öffnet, die vorher verschlossen waren. Zu erleben, wie es ist, in der schwierigen Zeit nicht alleine zu sein. Das hat uns stark gemacht, uns geprägt und die Gewissheit festigen lassen, dass Gott gut ist, uns liebt und mit uns diesen Weg geht.

Dann kam die Zeit der Entscheidung: Was geht es mit Mutter weiter? Ganz schnell sagte sie, dass sie gerne zu uns nach Stuttgart ziehen würde. Leider war sie durch die Operation halbseitig gelähmt. Wir beteten, was wir tun sollen. Der Wille der Mutter und unsere Möglichkeiten. Zu Hause war eine Betreuung selbst beim besten Willen undenkbar. Unser Gebet war ein nahegelegenes Pflegeheim. Gott öffnete uns eine Tür dazu.

Wir wussten, wenn sie da aufgenommen wird, können wir sie wunderbar betreuen. Und so kam es, dass unsere Mutter im April ins Pflegeheim in unseren Ort zog. Die Freude war groß, denn Gott hatte unser Gebet erhört. Jetzt kam die Zeit, in der wir das Ganze mit Leben füllen durften.

Das war nicht einfach zu allem was wir in dieser Zeit sonst noch an Aufgaben hatten. Wir schafften es als Familie, dass Mutter, Schwiegermutter und Oma jeden Tag Besuch von uns bekam. Wir konnten sogar Urlaub machen, da uns liebe Verwandte Unterstützung anboten, die wir gerne annahmen. Trotz Mutters Einschränkung, ganz auf fremde Hilfe angewiesen zu sein, blühte sie in dieser Zeit nochmal auf. Sie freute sich über die Liebe, die wir ihr durch unseren Besuch zeigen konnten. Sie war sehr dankbar für alles, was wir für sie übernahmen.

Die Ehe mit Norbert war von seiner Herkunftsfamilie nicht immer nur einfach, da sich die Eltern manchmal eine „andere“ Schwiegertochter gewünscht hätten. Nun waren Mutter und Schwiegertochter so nah zusammen wie nie vorher. Zu meinem (Juttas) Erstaunen war sie mir gegenüber sehr offen. Sie freute sich wenn ich kam, sie redete so viel mit mir, wie nie zuvor. Ich konnte alle Themen ansprechen, die ich Jahre vorher nie ansprechen konnte. Da die Beziehung innerhalb kurzer Zeit einen Wandel nahm, traute ich mich, mit ihr zu reden. Eines Tages fragte ich sie, ob es denn noch etwas zwischen uns gäbe, dass wir klären sollten, damit wir mit reinem und gutem Gewissen auseinander gehen, wenn sie mal irgendwann von dieser Erde geht.

Sie verneinte, gab mir aber die Frage zurück. Nun war die Gelegenheit, Dinge die wehtaten, Gedanken die noch im Raum standen auszusprechen. Jetzt oder nie, dachte ich. Zu meinem Erstaunen, war sie offen, bereinigte, was von ihrer Seite noch zwischen uns stand, bat um Vergebung. Auch Norbert konnte in dieser sehr intensiven Zeit mit Mutter vieles besprechen, fragen, danken, einordnen und miteinander beten. Wir besuchten sie oft alleine, damit sie jeden für sich alleine erlebt. Wir haben gesungen, gelesen, erzählt, bereinigt, geweint und das Leben mit allen Höhen und Tiefen miteinander geteilt. Das war eine herausfordernde Zeit für uns als Ehepaar, da die zeitliche Investition enorm war.

Wir ahnten nicht, dass uns nur neun Monate blieben

In diesen neun Monaten ist so viel geschehen bis dahin, dass Mutter sich noch einmal bewusst zu Gott bekehrt hat. Wir sind so dankbar für diese intensive Zeit, die uns auch als Familie zusammengeschweißt hat. Es war ein Geschenk an das wir uns heute noch gerne erinnern. Wir sind versöhnt mit den eigenen Eltern – durch sein Eingreifen hat Gott die Beziehungen geheilt. Wir sind im echten Frieden auseinander gegangen. Das einander nicht verstehen ist einer Versöhnung und ehrlichem Respekt gewichen. Diese Erinnerung an eine gemeinsame intensive, heilsame, wohltuende und dennoch herausfordernde Zeit behalten wir gerne in unseren Herzen.

Die Gewissheit und der Friede, den wir mit Gott erlebt haben, tut so gut. Unser Gott kommt niemals zu spät. Wenn wir uns ihm anvertrauen, sorgt er für uns, kümmert sich um uns, nimmt teil an unserem Leben und lässt gute Früchte wachsen. Wir möchten dich ermutigen, gib nicht auf, bei uns hat es auch viele Jahre gedauert, bis es reif war, dass unsere Beziehungen heilen konnten. Gott ist gut!

Norbert & Jutta Luginsland

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